Eine Woche auf La Palma
Hallo liebe Inselfreunde, im März 2025 hatte ich das Glück, eine Woche auf der herrlichen Insel La Palma verbringen zu dürfen. Meine Unterkunft in Fuencaliente im Süden der Insel war mein Ausgangspunkt für herrliche Wanderungen und wunderschöne Ausblicke. Entstanden ist dieses Reisetagebuch. Viel Spaß beim Lesen!
Du möchtest auch nach La Palma und brauchst einen Tipp? Hinterlasse einen Kommentar – ich versuche, alles zu beantworten!
Reisetagebuch – La Palma, Tag 1
Anreise und Playa de la Zamora
Mit einer sanften Neigung taucht die kleine Propellermaschine von Canary Fly in die dunstige Vormittagsluft ein, setzt zur Landung an – ein zartes Streicheln der Räder auf dem Asphalt, gefolgt von einem wilden Gegenschub, der eher an eine Notbremsung erinnert als an die Ankunft in einem kleinen Paradies. Der Flughafen: erstaunlich umfangreich, charmant, fast wie eine überdimensionierte Bushaltestelle am Rand der Welt.

Beim Mietwagenanbieter Topcar geht alles erfreulich schnell. Kein Schlangestehen, kein Genörgel, keine Listen zum Abhaken. Ich bekomme einen Kia Rio – leuchtend rot wie ein Signalfeuer am Rand des Vulkans. Doch kaum im Parkhaus, das sich wie ein Labyrinth aus Beton über mehrere Etagen windet, beginnt der Ärger: Das Display des Bordcomputers spielt verrückt, klickt wild in der rechten unteren Ecke – unbrauchbar. Ich reklamiere. Zunächst wird mir ein Dacia angeboten. Mein entsetzter Blick reicht offenbar – ich frage freundlich, aber bestimmt nach einem Upgrade. Und siehe da: Ein baugleicher Kia wird „zufällig“ gerade frei. Funktionierend. Manchmal braucht es nur einen kleinen Akt des Widerstands.

Während der Wartezeit komme in’s Gespräch mit einer grauhaarigen, reisekundigen Dame, die mir ihre stille Hochachtung für die Wahl der Insel ausspricht. Ihre Augen leuchten, als spräche sie von einem alten Geliebten, dem man nie ganz entsagen konnte.
Im Schritttempo rolle ich aus dem Parkhaus in die üppig grüne Welt La Palmas hinaus. Schon nach wenigen Minuten umfängt mich der betörende Reiz dieser Insel, deren Landschaften wirken wie mit einem Aquarellpinsel gezogen. Die Straßen sind eng, steil, kurvig – der Kia schnurrt tapfer durch die Serpentinen, während bunte Wiesen, leuchtende Blumen und von Menschenhand liebevoll gepflegte Häuser das Bild wie Kulissen in einem mediterranen Theaterstück schmücken.
Die Anfahrt zu meiner Unterkunft ist ein kleines Abenteuer. Die Straße windet sich bergab wie ein zu eng gewickeltes Geschenkband, bis ich schließlich vor dem „Los Bejeques“ parke. Loly, meine Gastgeberin, empfängt mich mit der Mischung aus Wärme und Direktheit, wie sie nur Spanierinnen beherrschen. Ihre Führung durch das Apartment erfolgt auf Spanisch – ein harter Test meiner rudimentären Sprachkenntnisse. Ich bestehe ihn nur zur Hälfte, aber immerhin: Das Wichtigste bleibt hängen.
Das Apartment ist ein Traum. Alles wirkt, als hätte ein unsichtbarer Butler soeben die letzte Falte aus dem Vorhang gestrichen. Auf dem Tisch: Eine Flasche lokaler Wein, Wasser, eine Hand voll Bananen und sogar ein paar Cupcakes. Lebensretter – denn es ist Sonntag und die Supermärkte, die bis Mittag geöffnet hatten, sind längst verriegelt.


Ich lasse mich auf dem Balkon nieder. Die Aussicht raubt mir den Atem: Weite, Tiefe, das gleißende Meer unter einem Himmel, der so groß wirkt wie ein gemaltes Versprechen. Im Kontrast dazu: Eine Musikdoku über „Pentagram“, jene amerikanische Doom-Band, deren Frontmann aussieht, als hätte er den Teufel persönlich zum Mitbewohner. Meine Freunde wollen wissen, ob ich sie live sehen möchte. Ich bin dabei.

Der Wein bleibt erstmal ungeöffnet. Stattdessen packe ich Kamera und Badesachen und breche auf zum Playa de la Zamora. Die Straße dorthin ist wild und kurvig, der Weg gesäumt von Vulkangestein und struppigem Grün. Dann liegt sie vor mir: eine kleine, stille Bucht, eingebettet in steinige Klippen, über denen nur der Wind sein Lied singt. Ein paar Einheimische sitzen in der Nachmittagssonne, ein Kind planscht in den seichten Wellen. Schwarze Kiesel, dunkler Sand, die See gischtet leise gegen die Felsen.

Ich verweile, fotografiere, atme – und wate durch die Brandung, denn zum Baden ist der Wellengang zu stark. Der Sonnenuntergang beginnt verheißungsvoll, doch als die Sonne sich anschickt, das Wasser zu küssen, schieben sich tiefhängende Wolken davor. Kein Drama – die Stille ist Magie genug.


Zurück im Apartment koche ich Tortellini, ein kulinarischer Gruß von Gran Canaria. Dazu ein Glas des palmerischen Weins, der sich als wunderbar rund und weich erweist – ein Tropfen wie aus dem Lavagestein gepresst.
Später, unter dem offenen Nachthimmel, offenbart sich das eigentliche Wunder der Insel: Der Sternenhimmel. Weit, tief, klar. Einige Lichtinseln von den Häusern an der Küste stören das Bild, aber die Milchstraße zeigt sich dennoch – ein weißer Schleier der Unendlichkeit.

Im Bett liegt die Ruhe noch in weiter Ferne. Die Gedanken kreisen, der Körper ist angekommen, die Seele noch unterwegs. Selbst der Podcast von „Zeitsprung“ schafft es nicht, mich endgültig in den Schlaf zu wiegen.
La Palma – Tag eins: Ein Auftakt, der verspricht, dass hier nicht einfach Tage vergehen werden, sondern Geschichten entstehen.
Reisetagebuch – La Palma, Tag 2
Supermarkt und Vulkan San Antonio
Der Tag beginnt mit einem kleinen inneren Erdbeben. Um 6:30 Uhr wache ich leicht zerschlagen auf – die Nacht war unruhig, mein Geist wohl noch im Abgleich mit der neuen Umgebung. Um Punkt sieben sitze ich vor dem Laptop: Hamburg ist mir eine Stunde voraus, der Alltag lässt sich nicht ganz abschütteln, auch nicht hier, auf dieser grünen Vulkaninsel am Rand Europas. Ich bin offiziell ein digitaler Nomade – wobei das Wort „Nomade“ etwas romantischer klingt, als es sich anfühlt, wenn man mit der Technik kämpft. Das W-Lan ist stabil, ich bekomme eine gute Verbindung.

Nach einer schnellen Dusche frühstücke ich asketisch: Eine Banane aus dem Vorrat, die mich an das gleißende Gelb der morgendlichen Sonne erinnert. Dann will ich mir den Sieben-Tage-Bart stutzen. Der Rasierer jedoch hat andere Pläne und stirbt in einem heldenhaften Moment – exakt in dem Augenblick, als ich mit dem letzten Kinnzug fast fertig bin. Glück gehabt. Aber auch: Zeit für ein neues Gerät.
Die AirPods liefern in den Meetings offenbar ein Klangbild wie aus der Tiefsee. Ich wechsle auf klassische Kabelkopfhörer, nutze das iPhone als Webcam und versuche mich in Professionalität trotz Palmenkulisse. Einige Termine laufen glatt, dann wieder ein altbekanntes Thema: Eine Küchenaktion, die geplant werden will, aber sich benimmt wie ein widerspenstiger Esel. Nichts läuft einfach, aber irgendwie läuft es doch.
Mittagspause. Ich mache einen kleinen Ausflug zum „Supermercado Jennifer“ – ein unscheinbarer Laden, doch innen gut bestückt. Die Regale bieten ein feines Sortiment aus lokalen Produkten. Ich greife zu: Wasser, Pasta, ein rustikales Brot, Bier, Mojo rojo, getrocknete Linsen und ein grobes Salz von der Insel. Hinter dem Tresen ein freundlicher junger Mann mit wachem Blick. Wir plaudern kurz. Die Frische der Ware, sagt er, sei sein Stolz. Ich glaube ihm. Das Parken auf dem Vorplatz mit seinem Schotter ist eine Herausforderung – mehrmals muss ich vor und zurück setzen, obwohl ich einen winzigen Wagen fahre.

Am späten Nachmittag, nach getaner Arbeit, zieht es mich zum Vulkan San Antonio. Die Straße dorthin führt durch steinige Weiten, wie aus einer anderen Welt. Das Besucherzentrum ist modern, gut gemacht – ein kleines Museum über die geologische Seele der Insel. Tafeln, Karten, interaktive Stationen erzählen von der Urgewalt, die unter unseren Füßen schlummert. Besonders eindrucksvoll: Die Dokumentation des Vulkanausbruchs von 2021, der La Palma ins weltweite Schlaglicht rückte und den Westen der Insel arg verwüstete.

Ich spaziere am Kraterrand entlang. Der Blick hinab in den Schlund des San Antonio ist atemberaubend – als würde man in ein geöffnetes Buch der Erdgeschichte blicken, Seite für Seite aus Lava geschrieben. Der Wind pfeift, die Sonne steht tief, und für einen Moment scheint es, als würde die Insel mit mir sprechen.


Auf dem Rückweg unternehme ich einen Abstecher zur Pino de Santo Domingo – einer alten Pinie, die hier als Naturwunder verehrt wird. Darunter ein kleiner Picknickplatz, rings herum niedrige Malvasia-Rebstöcke und blühende Wiesen.


Zurück im Apartment wird gekocht: Pasta mit einer feurig-scharfen Tomatensauce, veredelt mit einem kräftigen Löffel Mojo rojo. Es ist diese unverkennbare Würze, halb Rauch, halb Sonne, die das Gericht aus dem Gewöhnlichen hebt. Während der Topf noch warm ist, setze ich Linsen an – Vorratshaltung mit mediterranem Akzent.
Früh ins Bett. Der Körper verlangt Ruhe. Draußen rauscht der Wind durch die Bananenstauden, als würde die Insel gute Nacht sagen.
Reisetagebuch – La Palma, Tag 3
Fuencaliente, Militär, Saline, Leuchttürme
Ich erwache wie neugeboren, ausgeschlafen, voller Energie. Die Stimmen des Podcasts AstroGeo murmeln noch aus den Lautsprechern – offenbar liefen sie die Nacht hindurch, eine Art kosmisches Schlaflied. Nach der Dusche ruft der Alltag: Der Rechner surrt auf, ein paar Termine warten. Ich muss meinem Team erklären, warum ich meine Worcation nicht ganz so souverän angekündigt habe, wie man es sich wohl gewünscht hätte – Kommunikationspanne im tropischen Paradies. Ist es das schlechte Gewissen meinen Mitarbeitenden gegenüber, dass ich schon wieder von einer fernen Insel aus arbeite? Ich nehme mir vor, künftig volle Transparent walten zu lassen.
Danach verläuft der Arbeitstag ereignisarm. Pflicht erfüllt, viel geschafft.
Zum Mittag gibt es Pasta mit Linsen, erneut veredelt mit einem Löffel Mojo Rojo – wie ein Feuerwerk im Mund, scharf, warm, unverkennbar kanarisch. Draußen hat der Regen eingesetzt. Ein feiner Niesel, der sich wie ein feuchter Schleier über die Landschaft legt und die Stimmung dämpft, als wolle die Insel mir sagen: Noch nicht losziehen, Geduld.
Gegen 17 Uhr klart es auf. Ich starte spät, aber voller Neugier in den Süden. Mein Ziel: Die Küste von Fuencaliente, ganz am Zipfel der Insel, dort, wo die Erde noch jung ist und der Wind nach Salz riecht. Der Weg dorthin führt durch ausgedehnte Bananenplantagen – endlose Reihen von Stauden, die sich wie ein grün-gelbes Labyrinth über die Landschaft legen. Sie wirken nicht idyllisch, sondern fast bedrückend, wie eine Monokultur unter Plastikplanen, die von wilder Natur wenig übrig lässt.
Ein Abstecher führt mich über eine staubige Piste vorbei an einem alten Bergwerk zum Playa de los Cabras. Plötzlich dröhnen Rotorblätter über mir – militärische Helikopter, die in atemberaubendem Tiefflug über das Gelände donnern. Ich halte den Atem an. Kurz keimt der Verdacht auf, ich könnte mich in einem militärischen Sperrgebiet befinden. Doch dann entdecke ich andere Besucher, Einheimische, die ebenso irritiert wie fasziniert zuschauen. Auch sie sind sich sicher: Das ist kein Sperrgebiet. Offenbar eine Übung – die Soldaten filmen sogar mit ihren Handys aus der Luft.

Ich erkunde weiter die wilde Küste. Die kleinen Strände entlang dieses abgelegenen Küstenabschnitts sind schwer zugänglich – abenteuerliche Pisten, lose Steine, kaum befestigt. Doch die Mühe lohnt: Was sich hier zeigt, sind versteckte Schönheiten – kleine Buchten, vom Vulkangestein umrahmt, mit schwarzem Sand und türkisgrünem Wasser, unberührt, fast heilig – als wäre ich seit Urzeiten der erste Besucher hier.


Schließlich erreiche ich den Leuchtturm von Fuencaliente – beziehungsweise die beiden Leuchttürme: Der alte, gedrungene Ziegelbau in dunklem Vulkangestein, und der neue, in klassischem Rot-Weiß gestrichene Turm, wie aus einem Kinderbuch. Davor ein schlichtes Holzkreuz – ein stummes Mahnmal.

Direkt daneben liegt die Saline von Fuencaliente, eine der traditionsreichsten der Kanaren. Seit dem 16. Jahrhundert wird hier das Salz aus Meerwasser gewonnen – in einem labyrinthischen Netz aus flachen Becken, in denen sich das Wasser unter der Sonne verdichtet, bis das kostbare Weiß zurückbleibt. Heute betreibt die Familie Hernández die Saline in vierter Generation – nachhaltig, in Handarbeit, mit Stolz. Ein Café lädt zum Verweilen, doch mir ist nicht nach Sitzen.

Auf dem Rückweg halte ich noch einmal kurz oberhalb des Playa Echentive – ein Aussichtspunkt mit dramatischem Blick, dann nehme ich eine alternative Route zurück. Sie entpuppt sich als abenteuerlich. Die Straße verliert sich bald in einer Geröllpiste, Sand und Vulkangestein, links ein tiefer Abhang, rechts eine schwarze Wand aus Lavagestein. Mein Kia Rio kämpft tapfer. Ich fluche innerlich, taste mich vorwärts. Dann, endlich: Asphalt, Zivilisation, Rettung.

Zurück an der Unterkunft parke ich gleich rückwärts ein – offenbar das Geheimnis, um hier problemlos wieder wegzukommen. Ich lache.
Diese Insel – sie ist wild, ungezähmt, unvergesslich. Ich habe so etwas noch nie gesehen.
Reisetagebuch – La Palma, Tag 4
Durchhänger und Nieselregen
Ein Tag, an dem die Insel schweigt und ich mich selbst nicht recht finde. Ich wache auf mit einem Gefühl der Leere, als wäre meine Haut ein wenig zu groß und mein Herz ein wenig zu weit entfernt. Die Schönheit dieser Insel – überwältigend, vulkanisch, scharfkantig – drückt heute eher, als dass sie trägt.
Ich telefoniere lange mit meinen Mädels. Ihre Stimmen holen mich für einen Moment zurück in die vertraute Ordnung des Alltags, in die leichtere Welt jenseits von Lavagestein und Einsamkeit. Der Abstand ist heute nicht inspirierend, sondern schlicht: zu groß.
Der Arbeitstag ist dicht und fordernd, fast wie ein Anker. Ich funktioniere. Mittags gehe ich einkaufen, irre etwas ziellos durch den kleinen Supermarkt, vergesse die Milch, merke es erst zu Hause. Auch so ein Zeichen. Ich unternehme nichts weiter, lasse den Tag sich ausbreiten wie ein ruhiges, schweres Tuch.
Das Sofa wird mein Verbündeter. Ich strecke mich aus, blättere gedankenverloren durch Nachrichten, Podcasts, Notizen. Draußen der Atlantik – immer da, immer mächtig – und doch heute so fern wie ein anderer Kontinent.

Gegen Abend zieht es mich auf den Balkon. Die Luft ist mild, ein feiner Regen beginnt, fast zärtlich. Unter mir durchstreifen Katzen das Gelände, lautlos, zielstrebig, wie kleine Geisterwesen in einem tropischen Garten.
Ich bleibe lange sitzen, betrachte das Lichtspiel über dem Meer, das nie gleich ist. Der Sonnenuntergang bringt heute goldenes Licht. Heute bleibt das große Staunen aus, aber eine stille Form von Trost stellt sich ein. Nicht jeder Tag muss spektakulär – manche dürfen einfach nur sein.

Für morgen nehme ich mir mehr vor. Die Karte liegt bereit. Die Wege locken. Und vielleicht ist es auch das: Dass man lernen muss, sich von einer Insel führen zu lassen – nicht zu drängen, sondern zu folgen.
Reisetagebuch – La Palma, Tag 5
Ruta de los Volcanes im Nebel
Ich erwache wie ausgetauscht. Der Schleier des Vortages hat sich gelüftet, als hätte die Nacht ihn fortgeweht. Der Himmel über mir ist wieder weit, das Herz leichter. Nur ein paar Stunden Arbeit trennen mich heute vom nächsten Abenteuer – und schon gegen 12:30 Uhr lasse ich den Laptop hinter mir und die Insel ruft.
Mein heutiges Ziel ist die berühmte Ruta de los Volcanes, eine der spektakulärsten Wanderrouten der Kanaren. Doch bevor ich mich in die Höhen des Südens aufmache, nehme ich mir Zeit für die kleinen Wunder entlang der Westküste.
Erster Halt: Mirador El Charco. Eine winzige Kapelle wacht dort über ein dramatisches Panorama. Der Blick reicht weit über den Übergang vom tiefgrünen Pinienwald zum kargen Buschland, das sich wie ein zerfranstes Tuch zur schroffen, nahezu unzugänglichen Küste hinabzieht. Das Meer liegt still und wachsam da, als ob es das alles schon viele Male gesehen hätte.


Weiter südlich erreiche ich Plaza de la Glorieta in Las Manchas. Ein Platz wie aus einer anderen Welt: Über und über bedeckt mit kunstvollen, farbenfrohen Mosaiken – ein kaleidoskopisches Meisterwerk des lokalen Künstlers Luis Morera, der sich hier in den 1990er Jahren verewigte. Pflanzen ranken sich durch kunstvoll gestaltete Skulpturen, eine kleine Bühne ruft nach Musik, und die umliegenden Häuser strahlen gepflegte Bescheidenheit aus. Ein Ort, der wirkt, als hätte Antoni Gaudí sich nach La Palma verirrt und beschlossen, ein wenig zu verweilen.


Dann nähere ich mich dem neuen Herzschlag der Insel – dem Lavameer des Vulkanausbruchs von 2021. Der Cumbre Vieja, bis dato ein ruhender Vulkanrücken, brach am 19. September 2021 mit voller Wucht aus. Wochenlang spie er Lava, Asche und Gas – fast 3.000 Gebäude wurden zerstört, ganze Ortschaften unter meterhohen Lavaströmen begraben.
Am Mirador de Tajuya eröffnet sich mir ein düster-schönes Bild: Schwarze Felder erstarrter Lava durchziehen die Landschaft wie Wunden. Ich sehe deutlich die Schneise, die sich der Strom damals bahnte – zerstörerisch, unaufhaltsam. Und doch: Der Mensch war schnell. Dort, wo alles verloren schien, wurde Platz geschaffen für Neues. Eine vierspurige Straße durchzieht nun das junge Terrain – schnurgerade, trotzig, fast übermütig.


Ich wende mich den Bergen zu, dem Hochland um El Pilar. Die Straße schlängelt sich durch eine Landschaft, die mit jedem Kilometer einsamer und majestätischer wird. Alte Kiefern und Kanarenpinien säumen den Weg, ihre knorrigen Stämme umrahmt von gelben Ginsterblüten und weißen Tupfern wilder Margeriten.
Am Picknickplatz von El Pilar angekommen, traue ich meinen Augen kaum: eine riesige, gepflegte Anlage mit überdachten Grillstationen, Bänken, gepflegten Sanitäranlagen – ein sozialer Treffpunkt im Hochnebel. Was von der Küste aus wie harmlose Wolken erschien, ist hier oben zu dichtem Nebel geworden. Er kriecht zwischen den Baumstämmen, fließt über den Waldboden wie ein stiller Fluss aus Dampf.
Ich finde den Einstieg zur Ruta de los Vulcanes und schultere meinen Rucksack. Der Pfad steigt sogleich steil an – schmale Serpentinen durch Vulkangeröll. Ich gerate schnell außer Atem, während andere Wanderer, offenbar mit Lungen aus Granit und Beinen aus Federstahl, plaudernd an mir vorbeiziehen. Wandererfahrung scheint hier die wahre Währung zu sein.


Nach etwa einer Stunde verschlingt mich der Nebel gänzlich. Die Sicht schrumpft auf wenige Meter, und obwohl der Weg gesichert ist, beschließe ich, vernünftig zu bleiben – ich trete den Rückweg an. Später werde ich feststellen: Die Fotos aus diesem grauweißen Nichts wirken wie aus einem Traum. Der Nebel hat der Landschaft etwas Entrücktes verliehen, fast Sakrales.


Zurück im Auto ist meine Stimmung gelöst. Ich fahre nun wie ein halber Palmero – die Geschwindigkeitsbegrenzungen sind für mich eher Richtlinien denn Regeln. Wieder daheim, gönne ich mir eine Verschnaufpause auf dem Balkon, aber bald wird es mir zu heiß. Die Sonne brennt inzwischen wieder mit kanarischer Entschlossenheit.
Also greife ich zu Handtuch und Badehose und steige hinab zu meinem Hausstrand, dem Playa Zamora. Schwarzer Sand, Felsen wie riesige Vulkanzähne, das Meer lebendig, fast übermütig. Zwischen Gischt und Geplätscher treffe ich auf eine bunte Mischung aus Sonnenanbetern, Schnorchlern, ein paar spielenden Kindern und einem alten Mann, der regungslos in die Brandung starrt, als spräche sie zu ihm.
Ein Tag, der alles hatte: Bewegung, Geschichte, Stille, Wasser, Feuer, Nebel. La Palma – du widerspenstige Schönheit. Ich beginne, dich zu verstehen.
Reisetagebuch – La Palma, Tag 6
Archäologie und Santa Cruz
Ein kurzer, aber umso produktiverer Arbeitstag. Unsere Küchenaktion zeigt Wirkung: Die Zahlen steigen, Warenkörbe füllen sich, erste Verkäufe trudeln ein – digitale Früchte meiner morgendlichen Mühen. Um die Mittagszeit klappe ich den Rechner zu und steige ein, denn der Osten der Insel ruft. Mein Ziel: Santa Cruz – die Hauptstadt La Palmas – samt einiger Zwischenhalte voller Geschichte und Naturmystik.
Erster Stopp: der Parque Arqueológico de Belmaco. In einem kleinen Tal, das von Farnen, Drachenbäumen und Stille durchzogen ist, öffnet sich der Blick auf eine imposante Höhle, die einst den Ureinwohnern La Palmas – den Benahoaritas – als Wohn- und Kultstätte diente. Die Felsen sind übersät mit geheimnisvollen Petroglyphen: Kreise, Spiralen, Symbole, deren Bedeutung bis heute nicht eindeutig entschlüsselt ist. Ein Ort, der uralt wirkt, aber nicht vergangen – mit perfekter Lage: Wasserversorgung aus einer nahen Quelle, Weideland für Ziegen und Zugang zum Meer. Es hätte ein Fürstensitz sein können, wäre es nicht aus Basalt und Nebel gemeißelt. Ein kleines Museum dokumentiert die Fundstücke und gibt Einblick in das Leben vor der Ankunft der Kastilier. Nur schade, dass man hier ausschließlich Bargeld akzeptiert – an ein Andenken komme ich diesmal nicht.


Das nahegelegene Museo Casa Roja lasse ich aus – der Himmel öffnet alle Schleusen und verwandelt die Straße in einen Wildbach. Stattdessen biege ich spontan ab und besuche die Dragos Gemelos, ein Zwillingspaar alter Drachenbäume, die wie urzeitliche Wächter mit knorrigen Armen in den Himmel greifen. Der Drachenbaum – Symbol der Kanaren – soll den Göttern einst als Blutspender gedient haben. Das Harz ist tiefrot und wurde früher als heiliger Saft verehrt.

Weiter geht’s über eine halsbrecherische Piste Richtung Küste. Steil, schmal, schottrig – mein Kia Rio stöhnt hörbar, einmal setzt er auf. Doch das Ziel belohnt. In Santa Cruz de La Palma finde ich einen kostenfreien Parkplatz direkt im Zentrum. Ein Geschenk der städtischen Götter.
Ich schlendere durch die Calle O’Daly, auch bekannt als „La Calle Real“. Sie ist das elegante Rückgrat der Stadt: Kopfsteinpflaster, bunte Balkone, Kolonialarchitektur wie aus einem alten Film. Benannt ist die Straße nach dem irischen Kaufmann Dionisio O’Daly, der sich im 18. Jahrhundert hier niederließ und zum Mitbegründer der ersten demokratischen Stadtverfassung Spaniens wurde.

Der Zufall führt mich in den Palacio de Salazar. Die schwere Holztür öffnet sich zu einem stillen, kühlen Innenhof mit geschnitzten Holzbalkonen, wie aus einer vergessenen Epoche. Das Haus gehört einst einer Adelsfamilie, heute wird es als Ausstellungsraum genutzt – allerdings ist die Schau heute leider geschlossen.
Auf der Plaza de España setze ich mich für einen Moment. Zwischen der barocken Kirche El Salvador, dem alten Rathaus und den steinernen Arkaden entfaltet sich ein städtisches Idyll, das weit mehr Grandezza besitzt als die Größe der Stadt erwarten ließe.

Ein Schild führt mich zu den Balcónes Típicos, den berühmten Holzbalkonen an der Avenida Marítima – grün gestrichen, üppig bepflanzt, vor den pastellfarbenen Häusern der Promenade. Ein viel fotografiertes Motiv, doch heute bin ich fast allein. Das Licht ist weich, das Meer ganz nah.

Dann ein Fundstück der besonderen Art: Lava Christina, ein kleines Atelier mit handgefertigtem Schmuck. Ich entdecke Ketten aus Lavagestein, schlicht, kraftvoll, fast magisch. Ich greife zu – ein Geschenk für Zuhause, das nach Meer, Feuer und Wind aussieht.

Obwohl sich der Hunger regt, spricht mich kein Restaurant recht an. Ich beschließe, noch einen Abstecher zu machen – nach Los Cancajos, dem Badeort in der Nähe, wo ich bei La Palma Tours nach einer Bootstour frage. Man ist herzlich, doch die Nachricht ist ernüchternd: wegen des Wetters wurden alle Ausfahrten für morgen abgesagt, und der Sonntag ist Ruhetag.

So fahre ich zurück in mein Apartment – über kurvige Straßen, vorbei an Zuckerrohr und Palmen, während die untergehende Sonne die Wolken von unten beleuchtet. Auf dem Balkon erwartet mich gemächliche Abendruhe: Ein kühles Bier, ein Teller mit Albóndigas aus der Dose – gar nicht schlecht –, dazu ein weiter Blick über den Atlantik. Die Luft ist klar, das Herz voll.
Ein Tag zwischen archaischer Vergangenheit, kolonialer Pracht und dem kleinen Luxus eines gelungenen Einkaufs. La Palma bleibt unberechenbar – und gerade deshalb so wundervoll.
Reisetagebuch – La Palma, Tag 7
Nordküste und schöne Orte
Ohne Wecker, aber pünktlich. Um kurz nach sieben bin ich wach, die innere Uhr hat offenbar schon auf die bevorstehende Zeitumstellung reagiert – in Hamburg wäre es jetzt sechs. Der Tag beginnt mit einem kleinen Triumph: Ich habe Milch gekauft. Endlich wieder Kaffee. Später ein einfaches Frühstück – Rührei, dazu ein Baguette, das sich bereits mit einer gewissen Altersweisheit ziert. Nicht knusprig, aber standhaft.
Der Vormittag steht im Zeichen der Astronomie: Eine partielle Sonnenfinsternis ist angekündigt, das Maximum wird gegen zehn Uhr erwartet. Leider ist der Himmel dicht bewölkt, doch immer wieder reißen Wolkenfetzen auf – genug, um ein paar stimmungsvolle Aufnahmen zu machen. Die Sonne, halb verschluckt, halb strahlend – ein Schauspiel zwischen den Welten.

Danach zieht es mich erneut zum Parque Arqueológico de Belmaco. Gestern hatte ich dort mangels Bargeld auf Andenken verzichten müssen – heute kehre ich zurück. Die Dame am Tresen erkennt mich wieder, lächelt gerührt, als hätte sich jemand an ein längst vergessenes Versprechen erinnert. Ich nehme nicht nur meine zurückgelegten Souvenirs mit, sondern auch zwei Gläser Honig aus lokaler Produktion – dickflüssig, bernsteinfarben, nach Sonne und Blüten duftend.
Nächster Halt: Das Museo Casa Roja in Mazo, das ich gestern dem Regen opfern musste. Eine auffallende Villa im Stil des 19. Jahrhunderts, ursprünglich Sitz einer wohlhabenden Familie. Heute beherbergt es eine Sammlung traditioneller kanarischer Handwerkskunst: Flechtarbeiten aus getrockneten Pflanzenfasern, kunstvolle Ornamente aus Palmblättern, Blüten, Bast. Im Obergeschoss – Leinen, Seide, Trachten. Weniger mein Thema, aber in würdevoller Kulisse präsentiert. Ein Konzertsaal wird vorbereitet, ein Flügel gestimmt – der Raum klingt bereits, bevor der erste Ton gespielt ist.


Von dort fahre ich zur Playa de Nogales – ein Highlight der Nordostküste. Tief unterhalb steiler Felswände zieht sich ein dunkler Sandstrand entlang, fast schwarz, feinkörnig, vom Schaum der Wellen geküsst. Das Panorama ist dramatisch, als hätte ein Maler der Romantik sich auf Vulkanlava eingelassen. Ich bleibe eine Weile, lasse den Blick schweifen.

Google Maps schickt mich weiter auf eine gewagte Abzweigung – eine Straße, die sich in den Berghang schmiegt wie ein Seidenschal, mit grandiosem Ausblick, aber auch mit der Geschwindigkeit eines höflichen Spaziergängers befahrbar.
In San Andrés halte ich an. Ein pittoresker Ort zwischen Bananenplantagen und Gärten voller Hibiskus und Bougainvillea. In der Mitte des Ortes steht eine alte Kirche, würdevoll und erhaben. Ich lasse mich in einem kleinen Lokal nieder – doch weder Karte noch Getränk finden in zehn Minuten zu mir. Ich erhebe mich wieder, ohne Groll, nur mit stillem Bedauern.


Kurz darauf erreiche ich den Playa Puerto Espindola, einen kleinen Hafenstrand – leicht zugänglich, geschützt vor der Brandung, ideal für ein kurzes Bad. Gleich daneben liegt der Charco Azul, ein natürliches Schwimmbecken, das sonst in strahlendem Türkis leuchtet. Heute nur angedeutet – die Wellen sind zu hoch, das Wasser aufgewühlt.

Letzter Stopp des Tages: La Fajana, eine Ansammlung von Meeresschwimmbecken, eingefasst in scharfkantiges Gestein. Trotz der rauen See sind die Becken gut besucht – das Wasser bleibt ruhig, wie in einem geheimen Garten aus Lavastein. Daneben ein Restaurant, von vielen gelobt – mich spricht es heute nicht an. Ich schlendere durch die Anlage, bestaune die Küste, die hier wie eine gewaltige Festungsmauer in den Atlantik ragt.


Die Rückfahrt erfolgt auf direktem Weg. Eine Stunde und fünfzehn Minuten für das Durchqueren der Insel von Nord nach Südwest. Unterwegs halte ich beim Spar, entdecke ein 300-Gramm-Rumpsteak für 4,50 € – ein Preis, der mir fast an Magie grenzt. Zu Hause angekommen, fehlt plötzlich der Haustürschlüssel – nach nervösem Suchen finde ich ihn im Fotorucksack. Dann die nächste Entdeckung: Die Herdplatte vom Morgen ist noch an, auf Stufe 1. Glück gehabt.
Am Abend zeigt sich ein Regenbogen über dem Atlantik – dann setzt starker Regen ein. Blitze durchzucken den Himmel wie gezogene Schwerter, Donner rollt über die Hügel. Ich sitze auf dem Balkon, ein Bier in der Hand, während das Gewitter die Insel dramatisch inszeniert.

Ein Tag voller kleiner Wunder, Umwege und Rückwege – und der leisen Gewissheit, dass man auch nach einer Woche auf La Palma noch immer nur an der Oberfläche kratzt.
Reisetagebuch – La Palma, Tag 8
Bekanntschaften und Cumbrecita
Der letzte Tag bricht an, und die Insel liegt wie ein schlafendes Tier vor mir – still dampfend vom nächtlichen Regen, geheimnisvoll, als wüsste sie, dass unser Abschied bevorsteht. Ich nehme meinen Kaffee auf dem nassen Balkon, der Atlantik hinter einem Schleier aus Dunst. Das Rührei gelingt besonders gut heute, das Baguette knuspert gegen die Melancholie. Ein letzter Blick auf Instagram, ein paar Grüße in die Welt – dann breche ich auf.
Mein Ziel: Die Strände der Westküste, ein letzter Versuch, La Palma von ihrer maritimen Seite zu erleben. Puerto Naos jedoch enttäuscht. Schon aus der Distanz wirkt der Ort wie eine Illusion von Sonne: Hochhäuser, Hotelklötze, die sich um einen leicht zugänglichen, urbanisierten Strand scharen. Die Natur weicht hier der Zweckmäßigkeit. Ich fahre weiter.
Playa El Charcón klingt vielversprechender – und führt mich in ein Labyrinth aus Bananenplantagen. Ich verpasse die unbeschilderte Abzweigung, lande auf einem holprigen Wendeplatz, der wie ein verstecktes Versprechen wirkt. Nur ein Schweizer Camper steht dort, ansonsten Stille. Der Strand selbst: Grobes Lavageröll, das unter den Schuhen knirscht, das Meer wütet wild gegen die Felsen. Ich lasse meine Drohne fliegen, fange die archaische Schönheit der Bucht ein – die Aufnahmen wirken, als hätte die Erde sich für einen Moment gezeigt, wie sie wirklich ist: ungezähmt.
Kaum bin ich gelandet, umringt mich ein Rudel winziger Hunde – Dackelmischlinge, quiekend und schwanzwedelnd. Eine deutsche Auswanderin spaziert mit ihrem Wurf. Wir kommen ins Gespräch, sie lebt seit sieben Jahren hier und war vom Vulkanausbruch 2021 betroffen – ihr Haus wurde nur knapp verschont. Sie bietet mir einen Welpen an. Ich bin kurz davor, ja zu sagen. Wir tauschen Nummern. Vielleicht, denke ich, kommt man eines Tages wieder – mit einem kleinen Dackel an der Leine.
Doch mein Zeitfenster ist knapp, denn ich habe einen Besucherplatz im Parque Nacional de la Caldera de Taburiente reserviert – genauer: Bei La Cumbrecita, einem Aussichtspunkt von weltentrückter Schönheit. Die Zufahrt ist streng reguliert, nur mit Online-Reservierung möglich, und nur ein kleiner Kreis an Besuchern darf täglich hinauf. Die Straße windet sich durch grüne Höhen, vorbei an steilen Felsen, Kiefern und Schluchten.
Oben schnüre ich meine Wanderstiefel, entschlossen, heute nicht vom Pfad abzukommen. Der Einstieg führt an einer Baustellenabsperrung vorbei – offenbar wird der erste Teil saniert – doch schon dort eröffnen sich herrliche Ausblicke. Nach 30 Minuten stehe ich auf einer kleinen Aussichtsplattform, einer Terrasse mit freiem Blick in den gigantischen Krater der Caldera de Taburiente – ein Erdenschlund, von Kiefern bewachsen, geheimnisvoll, alt wie die Zeit selbst. Eine schmale Treppe führt noch weiter nach vorne, schwebend über dem Abgrund. Gemeinsam mit einer Hamburger Familie helfen wir uns beim Fotografieren – stille Komplizenschaft unter Fremden.


Ich nehme die Abzweigung zum Mirador de los Roques. Der Pfad schmiegt sich eng an die Schlucht, schmale Holzbrücken überspannen kleine Bäche, die durch das Lavagestein murmeln. Und dann öffnet sich der Blick: eine gewaltige Felswand ragt auf, ihre Zinnen in Wolken gehüllt wie in Watte. Ich lasse die Drohne ein letztes Mal steigen – ein kleiner Akt der Rebellion gegen das Vergehen der Zeit. Ich verweile, atme, staune.


Der Rückweg ist steil, das Herz hämmert, die Beine schwer. Das letzte Stück führt über dunkles Vulkangestein, gepflastert wie mit geborstenen Träumen. Ich komme zurück an den Ausgangspunkt, erschöpft und beglückt.

Auf dem Rückweg entdecke ich ein Schild zur Virgen del Pino. Ich folge der Eingebung und finde eine winzige Kapelle, verborgen im Schatten einer riesigen, uralten Pinie. Sie soll die älteste auf den Kanaren sein – ein stilles Monument. Der kleine Garten ringsum ist liebevoll gepflegt. Ich finde zwei Pinienzapfen am Boden, sie wandern als Andenken in meinen Rucksack.
Und nun: Abschied. La Palma, du wilde Insel, du Vulkan mit Herz, du Meer aus Licht und Schatten. Ich nehme ein Stück von dir mit – in der Tasche, in der Kamera, vor allem aber: im Herzen. Auf Wiedersehen.


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