Maspalomas – Das flüsternde Meer aus Sand
Eine Wüste in Bewegung
Wer glaubt, Gran Canaria sei nur eine vulkanische Insel im Atlantik, der hat die Dünen von Maspalomas noch nicht betreten. Sie liegen da wie ein vergessenes Kapitel aus „Tausendundeiner Nacht“ – sanft gewellt, vom Wind gekämmt, goldfarben im Licht der Nachmittagssonne. Ein Meer aus Sand, das still wandert.
Sechs Kilometer lang, bis zu zwei Kilometer breit, ein Wanderdünenfeld wie aus dem Lehrbuch – und doch voller Geheimnisse. Der Sand, so denken viele, sei ein Geschenk der Sahara. Weit gefehlt. Was hier durch die Brise gezogen wird, stammt von der Insel selbst: fein zerriebener Kalk aus Korallen und Muscheln, über Jahrtausende geschliffen, geschichtet, verschoben. Ein Naturwunder, nicht aus der Ferne verweht, sondern tief aus der Geschichte des Eilands geboren.
Ein sensibles System aus Stille und Leben
Seit 1987 stehen die Dünen unter Naturschutz – als „Reserva Especial de las Dunas de Maspalomas“. Und das mit gutem Grund. In dieser scheinbaren Ödnis pulsiert Leben. Zwischen den Gräsern und sandverkrusteten Stauden huschen Eidechsen, flirren Insekten, kreisen Reiher über der benachbarten Lagune „La Charca“. Diese kleine Oase mit Palmen und Wasserspiegel bildet das grüne Herz des goldenen Wellenmeers – ein Rückzugsort für Zugvögel und stille Beobachter.
Doch dieses Paradies ist verletzlich. 45.000 Kubikmeter Sand gehen Jahr für Jahr verloren – verweht, zertrampelt, verdrängt. Die Maßnahme „Masdunas“ soll das Naturjuwel retten: mit gezielter Regeneration, dem Schutz empfindlicher Pflanzen, dem Aufbau verlorener Dünenzüge. Besucher sind eingeladen, auf markierten Wegen zu gehen. Wer ausschert, riskiert nicht nur ein saftiges Bußgeld, sondern stört ein System, das auf jedem Halm, jedem Korn, jedem Trittfuß basiert.


Maspalomas: Zwischen Ikone und Inszenierung
Die Dünen sind mehr als nur ein Naturwunder – sie sind ein Mythos, ein Bild, ein Symbol. Einst waren sie Orientierungspunkt für Seefahrer, heute sind sie Kulisse für Romantiker, Pilgerstätte für Naturfreunde, Spielplatz für Sonnenanbeter und Rückzugsort für die LGBTQ+-Community. Am Rand, wo die goldenen Hügel auf das stählerne Meer treffen, trifft man sie alle: die Wanderer, die Fotografen, die Verliebten, die Freigeister.
Und doch, trotz aller Rollen, die sie spielen, bleiben die Dünen in ihrem Innersten eins: Stille. Bewegung. Landschaft als Meditation.
Merkmal | Fakten |
---|---|
Lage | Süden Gran Canarias, zwischen Playa del Inglés und Leuchtturm von Maspalomas |
Fläche | ca. 400–404 Hektar |
Länge/Breite | ca. 6 km lang, bis zu 2 km breit |
Naturschutzstatus | Seit 1987 (bzw. 1994) Naturschutzgebiet, streng geschützt |
Entstehung | Durch Wind, Meeresbrandung und Erosion aus Korallen- und Muschelkalk gebildet |
Alter | Entstehung umstritten: über 10.000 Jahre oder erst im 18./19. Jh. |
Ökosysteme | Wanderdünen, Palmenhain, Lagune „La Charca“ |
Flora & Fauna | Seltene Pflanzen, zahlreiche Vogelarten, Reptilien (z. B. Rieseneidechse) |
Besonderheiten | Ständige Sandbewegung, Lagune als Vogelrastplatz, markierte Wege |
Bedrohungen | Sandverlust (ca. 44.000 m³/Jahr), Tourismus, Bebauung |
Schutzmaßnahmen | Projekt „Masdunas“ zur Sandregeneration, Wegeführung, hohe Geldbußen bei Verstößen |
Historische Bedeutung | Orientierungspunkt für Seefahrer, beliebtes Fotomotiv |
Maspalomas: Gran Canarias kostbarstes Geheimnis
Wer Maspalomas’ Dünen besucht, betritt nicht nur ein Stück Land – er tritt ein in einen Dialog mit Wind und Zeit. Inmitten von Hotelburgen, Souvenirläden und Asphalt steht dieses Naturwunder wie ein vergessenes Versprechen. Es flüstert nicht laut, aber wer hinhört, der hört: das Rauschen von Sand, das Schweigen der Weite, den Atem der Insel.
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